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  Warum Barth nicht Vineta sein kann

wineta

Widerlegung von Goldmanns Artikel "Vineta-ist-in-Barth"
Originaltext Goldmann: Kommentare

Vineta lag bei Barth in Vorpommern! Die Sage: Vineta, einst die reichste und berühmteste Handelsmetropole an der südlichen Ostseeküste, als „Megalopolis“ in ihrer Bedeutung selbst Kiew überragend und zu ihrer Zeit nur vergleichbar mit Konstantinopel, sei wegen der Gottlosigkeit seiner heidnischen Bewohner schließlich mit ihrem Untergang gestraft worden, indem Gott sie in den Fluten der Ostsee versinken ließ.

Adam von Bremen spricht von der größten Stadt Europas - Konstantinopel nennt er nicht. Die Geschichte mit der Gottlosigkeit und den Fluten der Ostsee aus dem Volksmund. Es wäre schön, wenn Goldmann gleich von Anfang an die Quellen nach ihrer Seriösität trennen könnte.

Sie habe an einer Mündung der Oder, also in Vorpommern, gelegen.

Adam schreibt nicht von einer, sondern von DER Mündung der Oder. Es ist unbekannt, ob er die verschiedenen Mündungsflüsse überhaupt kannte und zuordnen konnte. 

Legenden, auch als Sagen bezeichnet, sind „Erzählungen historischen Inhalts, der nicht bewiesen ist“1. Gemäß dieser Definition kann Vineta nicht als Legende angesehen werden, denn zur Existenz der einstigen Weltstadt in Vorpommern liegen so zahlreiche historische Quellen vor, dass sie keinesfalls als „sagenhaft“ zu bezeichnen ist, höchstens in dem Sinne des Wortes von „sehr, unvorstellbar schön“2.

Als zahlreich kann man die Quellen über Vineta wahrhaftlig nicht bezeichnen. Solange nicht geklärt ist, daß Jomsburg, Jumne und Vineta den gleichen Ort bezeichnen, muß man davon ausgehen, daß ganze drei Quellen existieren, in denen von Vineta die Rede ist.

Seit fast zweihundert Jahren versteht sich die nordische Archäologie nach der Einführung des „Dreiperiodensystems“ durch den dänischen Archäologen und Direktor des „Altnordischen Museums“ in Kopenhagen, Christian Jürgensen Thomsen (1788 – 1865) und des Schweriner Archivars und Leiters der Großherzoglichen Sammlungen, Georg Christian Friedrich Lisch (1801 – 1883), als eigenständige Wissenschaft. Seitdem betrachten auch die Archäologen im nördlichen Mitteleuropa die Ortung der Lage von Vineta als ein vordringliches Ziel.

 

 

 

 

 

Ich gehe davon aus, daß die meisten Archäologen das bestreiten...

 Ihre Frage nach Vineta richtete sich schon lange nicht mehr darauf, ob es diese Weltstadt gegeben hat, sondern, wo sie gelegen hat und wo damit ihre archäologischen Spuren erkennbar sein müssen und ausgegraben werden können, oder gar schon ausgegraben sind3.

 

Eben davon gehen die meisten Archäologen aus, die Wolin für Vineta halten.

Die bisher dazu herangezogenen zeitgenössischen schriftlichen Quellen zum alten Handelsemporium, über das wenigstens zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert ein umfangreicher West-Ost-Handel zwischen dem westlichen Europa und dem byzantinischen Reich abgewickelt wurde, aber auch weit darüber hinaus, bis zur Seidenstrasse nach China, stammen aus dem arabischen Raum4 und aus christlicher Überlieferung des Abendlandes5.

Bis zur Seidenstraße? Wenn man so rangeht, führen auch alle Wege nach Rom. Man darf sich nur unterwegs nicht verlaufen...

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  Anscheinend weitgehend unabhängig von dieser Überlieferung in Texten sind weitere Quellen vorhanden, nämlich frühe Karten, die bestimmte, in jüngeren Karten nicht mehr aufzufindende Orte im südlichen Ostseegebiet bezeichnen.

Die Annahme, daß Karten unabhängig von Texten entstehen, ist reichlich kühn, um nicht zu sagen unlogisch. Himmelrichtungen, Koordinaten und Entfernungen wurden zuerst aufgeschrieben und erst danach in eine Karte eingearbeitet. Bestes Beispiel sind die Ptolomäischen Karten, von denen Goldmann selbst immer wieder schreibt.

Ob man eine Karte, die im 16. Jahrhundert - 400 Jahre nach dem Ende Vinetas - als "frühe" Karte bezeichnen kann, läßt sich bestreiten.

Da Karten immer wieder, mit oder ohne Berichtigungen oder Ergänzungen, voneinander abgezeichnet wurden, läßt sich besonders in chronologischer Hinsicht mit einer alten Karte kaum etwas beweisen.

Archäologische Funde und Befunde sind für Ortsbestimmungen wie von Vineta/Jumne grundsätzlich nicht als Primär-Quellen anzusehen. Sie können nur die aus historischen Quellen gewonnenen Koordinaten bestätigen.

Der Inhalt dieses Absatzes ergibt sich aus der bisher geradezu peinlichen Fundleere des Barther Gebietes.

Andererseits lassen sich durchaus auch echte Legenden, wie die nordischen „Sagas“, für die Forschung heranziehen – im Falle von Jumne/Vineta z.B. geographische Angaben in der „Jomswikingersaga“6 zur Jomsborg oder die alte Überlieferung, wonach der Dänenkönig Harald Blauzahn, nachdem er in einer Schlacht mit seinem Sohn Sven-Otto im Isefjord schwer verwundet wurde, Zuflucht in Jumne fand, wo er jedoch von den Ärzten nicht mehr gerettet werden konnte. Sein Leichnam wurde von dort nach Roskilde überführt7.

Die angeführten Quellen liefern Informationen, die das 9. bis 12. Jahrhundert betreffen. Helmold von Bosau, dessen Chronik um 1170 abschließt, bezeichnet die Stadt bereits als „völlig zerstört“: „Die Überreste sind noch jetzt vorhanden“8.

Hier wird der Leser klar belogen. Eine Quelle über das 9. Jahrhundert existiert nicht. Auch die einzige Quelle des 10. Jahrhunderts (um 965 Ibrahim Ibn Jaqub) nennt Vineta nicht beim Namen. 

Zur Bestimmung der Lage der Stadt Vineta, da diese „an einer Odermündung“ gelegen habe, ist zunächst die Frage zu beantworten, wie die Odermündungen im Zeitraum des 9. bis 12. Jahrhunderts und die Landschaft im gleichen Bereich ausgebildet waren.

Nach den Quellen lag die Stadt an der Oder. Daß es sich um ein Mündungsgebiet handeln könnte, ergibt sich nur aus der Beschreibung der drei verschiedenen Gestade.

Die Antwort heißt: Weder entspricht das heutige Landschaftsbild Vorpommerns, einschließlich Rügens, dessen Ausprägung im 12. Jahrhundert, noch stimmen die heutigen Odermündungen mit denen des frühen Mittelalters und in älterer Zeit überein9.

Diese "Weisheit" ist so trivial, daß sich jedes weitere Eingehen darauf erübrigt.

Die hier getroffene Feststellung setzt ein bisher geltendes Axiom der Archäologie und, davon abhängig, einiger Nachbarwissenschaften völlig außer Kraft, wonach bei der Bevölkerung im nördlichen Mitteleuropa, speziell im Gebiet um das Mare Balticum, vor dessen Übernahme des römischen Christentums keinerlei Fähigkeit bestanden habe, Wasserbauten vorzunehmen, wie sie seit dem dritten vorchristlichen Jahrtausend für alle Länder der „Alten Welt“ nachweisbar sind.

Da erhebt sich doch die Frage: Wenn das Gebiet des "Mare Balticum" (Goldmann meint die Ostsee) nicht zu Alten Welt zählte, wozu gehörte es dann? 

Desweiteren sollte sich Goldmann mal näher mit den "Axiomen" befassen. In Nordfriesland, was zweifellos zum Einzugsgebiet der Ostseebewohner gehörte, wurde bereits lange vor der Völkerwanderung Warften im Wattenmeer gebaut, was ja durchaus auch Wasserbauten sind.

Das Gegenteil gilt: Offenbar sind alle Völker der Anrainer des Mare Balticum bis in das frühe Mittelalter hinein, wie später die Holländer, als Wasserbauer sehr aktiv gewesen und haben ihre Kulturlandschaft durch Deichbau entlang den Flüssen und an den Gestaden des Meeres, also auch der Ost- und Nordsee, zum fruchtbarsten Marschenland umgestaltet. Sie leiteten Flüsse um, bauten Kanäle und durchzogen damit ihre Heimat, ein Gebiet, das die gesamte Region zwischen der Elbe und der Weichsel umfasste, mit durchgehenden Schiffahrtswegen, die in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung modernen Verkehrswegen voll entsprochen haben10.

Die Holländer also gewissermaßen als gelehrige Schüler slawischer Fischer?

Es ist fast schade, daß uns Goldmann für diese Theorie immer den Beweis schuldig bleiben muß. Die ersten Deiche entstanden an der Nordsee im ... Jahrhundert. Der erste mitteleuropäische Kanal, die fossa carolina, entstand um... Voraussetzung war eine straffe Organisation und eine Produktivität, die es erlaubte, tausende Arbeiter aus der Landwirtschaft und dem Handwerk abzuziehen. Das war in der geschilderten Vielzahl kaum vor Mitte des zweiten nachchristlichen Jahrtausends möglich.

Wenn römische Quellen oft von den undurchdringlichen Sümpfen Germaniens sprechen, so ist dies meist ein Übersetzungsfehler: das lateinische Wort „palus“ bzw. sein Plural „paludes“, bezeichnet nämlich zugleich Moraste, wie auch trocken gelegte Sümpfe, die dann als Marschenland unvergleichliches Fruchtland sind. Gleiches gilt für arabische Worte, die in der deutschen Übersetzung der Landesbeschreibung des Ibrahim Ibn Jakubs als „Morast“ erscheinen, tatsächlich aber „Fruchtland“ beschreiben11.

Es ist nicht so recht ersichtlich, warum Goldmann römische Quellen zitiert, wo er doch etwas über Vineta beweisen will. Zwischen den römischen Nachrichten und denen über Vineta liegen fast 1000 Jahre.

Einen Übersetzungsfehler müßte Goldmann uns schon beweisen: wo lag ein Morast, der sich im Nachhinein als "unvergleichliches Fruchtland" herausgestellt hat?

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Diese neue Interpretation lange bekannter Texte ist folgenreich nicht nur für die Forschungsansätze der Archäologie, sondern ebenso auch für die historische Geographie, die Geologie und nicht zuletzt die Klimaforschung:

Folgenreich ist sie, wenn man ihr folgt... 

Letztere beruht für alle Perioden, die vor dem Beginn der systematischen Messungen im 19. Jahrhundert in wesentlichen Teilen auf der Auswertung archäologischer Befunde. Sind diese fehlerhaft interpretiert, werden auch alle Aussagen der Klimaforschung zu älteren Klimageschichte mehr als fragwürdig.

Das ist falsch. Auch vor dem 19. Jahrhundert konnte man schon schreiben. So wird uns über die kalten Winter, die zum Ende des Weinbaus in Norddeutschland geführt haben und heute als kleine Eiszeit bekannt sind, recht ausführlich berichtet. Bis ins 13. Jahthundert zurück existieren schriftliche Quellen über die Sturmfluten an der Ost- und Nordsee.

Was gibt es z. B. an der Ausbreitung oder dem Rückzug einer wärmeliebenden Pflanze fehlerhaft zu interpretieren?

Auf der vorstehenden Grundlage müssen alle Befunde, die bisher in der Diskussion zur Vineta-Frage eine Rolle gespielt haben, neu bewertet werden und es können und müssen weitere herangezogen werden, die die gesamte Region Vorpommern auch historisch in einem neuen Licht erscheinen lassen. 

Auf vorstehender Grundlage? Welche Grundlage? Bisher lese ich nur von Hypothesen, unbewiesen und vermutlich auch unbeweisbar.

Die bisher genannten Quellen sind zu ergänzen durch auf das gleiche Gebiet bezogene Nachrichten aus der Antike und aus frühen Drucken des 15. bis 17. Jahrhunderts, deren Autoren nachweislich oft noch Dokumente und Schriften einsehen konnten, die nicht zuletzt durch die Auswirkungen des 30-jährigen Krieges 1618 bis 1648 und die Auflösungen der meisten Klöster mit ihren bedeutenden Bibliotheken anscheinend endgültig verloren gegangen sind. 

Goldmann spricht hier von Sekundär- und noch späteren "Quellen". Wie oft sich beim Abschreiben von Hand Fehler eingeschlichen haben, ganz abgesehen von absichtlichen oder unabsichtlichen Fälschungen, sollte Goldmann eigentlich bekannt sein. Eine Schrift aus dem 17. Jahrhundert konnte dutzende Vorläufer gehabt haben. Von einer "Quelle" kann man da wirklich nicht mehr sprechen. Außerdem ist die Annahme, daß überhaupt ältere Schriften gleichen Inhalts existierten, nicht zu beweisen.

Oben wurde geschildert, dass das Landschaftsbild auch im Ostseegebiet schon lange vor der Zeit der mittelalterlichen „Megalopolis“ Vineta durch systematischen Landesausbau, zu dem auch intensiver Wasserbau gehörte, als Kulturlandschaft ausgestaltet war. Diese Feststellung wird heute von den meisten Archäologen und Historikern zwar für alle Regionen der klassischen Antike, auch für die Mykenische Kultur, für Ägypten und Vorderasien, bis hin nach Ostasien akzeptiert, wo der Jahrtausende alte Reisbau ohne entsprechende Wasserbauten gar nicht möglich erscheint, nicht jedoch für das nördliche Mitteleuropa und damit auch nicht für das Gebiet des Mare Balticum.

Geschildert, ja, aber leider nicht bewiesen. 

 

Es ist nicht nachvollziehbar, warum Goldmann immer wieder seine Ausflüge in die Antike unternimmt, nun sogar bis Ostasien. Kaum etwas ist weniger relevant für die Lage oder Existenz von Vineta. Darüber hinaus sind die erwähnten Historiker mit ihrer ablehnenden Meinung zu Goldmanns Hypothesen durchaus zu verstehen.

Eine verblüffend exakte Beschreibung des alten Odermündungsgebietes liefert bereits im zweiten Jahrhundert n. Christus der berühmte griechische Geograph Ptolemaios12. Bis heute ist aber die Interpretation der eindeutigen Angaben des Ptolemaios zur Oderregion strittig. Warum ist sie strittig, wenn sie doch verblüffend exakt ist?
Aus Ptolemaios Zeit ist zwar keine seiner Karten erhalten, jedoch hat er – ganz modern – alle Ortsangaben in Breitenund Längengraden einer Kugelprojektion der Erde verzeichnet. Diese Daten sind überliefert und bilden seit dem 15. Jahrhundert die Grundlage aller danach erschienenen „Ptolemäischen Karten“. Unstrittige Fixpunkte für das Ostseegebiet sind u.a. die Koordinaten zur Mündung der Elbe, „die Wendung nach Osten“ der Kimbrischen Halbinsel, also die Lübecker Bucht, und die Mündung der Weichsel. Zwischen der Weichselmündung und der „Wendung nach Osten“ gibt Ptolemaios die Positionen dreier Flussmündungen an, hier, anders als bei anderen großen Flüssen, nur der Mündungen, nicht der Quellen. Deshalb sind in den verschiedenen Ptolemäischen Karten der Neuzeit zwischen der Lübecker Bucht und der Weichsel drei Mündungen eingezeichnet, deren Flusslauf dort senkrecht nach Süden in das Hinterland geführt ist, so dass sie als drei verschiedene Flüsse erscheinen. Warum bekann man Kartendaten aus dem 2. Jahrhundert erst 1300 Jahre später zu nutzen? Die gesamte Slawenzeit, um die es im Zusammenhang mit Vineta geht, wurde damit übersprungen.
Die drei Namen der in die Ostsee mündenden Gewässer heißen Chalusos, Suebos und Viados, in verschiedenen Schreibweisen der Überlieferungen. Da zwischen Elbe und Weichsel nur die Oder weit in das Hinterland reicht, hat die Wissenschaft seit Jahrhunderten diskutiert, welche Fußmündungen Ptolemaios gemeint haben könne. So hat sich gegenwärtig ein Konsens herausgebildet, wonach der „Chalusos“, weil er bei Ptolemaios am weitesten im Westen liegt, die Warnow sei, der „Suebos“, weil mittig gelegen, sei mit der Oder identisch und die östliche Mündung sei wohl die Wipper in Hinterpommern. Dieser Konsens verblüfft insofern, als in einer Zeit, da man in Frankfurt/Oder die Universität „Viadrina“ wieder gründete, die ihren Namen von der Oder/Viadra herleitet und in gedruckten Quellen und Karten ab dem 16. Jahrhundert sowohl der Suebos als auch die Viadra/Viados des Ptolemaios mit der Oder gleichgesetzt werden.  Wie weiter unten ebenfalls festgestellt, kannte Ptolomäos das Binnenland nicht. Es ist also hier nur irreführend, diesem Umstand Gewicht beizumessen.
nach oben Der „Chalusos“ ist in diesen frühen Quellen nur noch namentlich bekannt. Hier gibt es jedoch eine interessante Verknüpfung: Der Namen „Chalusos“ ist griechisch geschrieben und kann als germanische Bezeichnung für *halsa- „Meerenge“ interpretiert werden13. Folgt man dem, dann ist der bei den römischen Schriftstellern Plinius und Solinus genannte „Guthalus“ bzw. „Guttalus“ ebenfalls die Oder14, denn Guttalus ist als „Hals“ oder „Kehle“ zu übersetzen15 Anzumerken ist, daß im Germanischen halsa nicht nur Meer-, sondern auch Landenge bedeuten kann...

 

Jetzt doch die Oder? Welcher nun von den bestehenden drei und zwei weiteren angenommenen Mündungsarmen? 

So dürften beide Bezeichnungen den gleichen, ehemals westlichsten Oderarm bezeichnen, den Adam von Bremen im 11. Jahrhundert noch als „wasserreichsten“ benennt, der aber bald darauf trockengefallen sein muss. Der wasserreichste Flußarm ist plötzlich trockengefallen. So etwas kam in der Erdgeschichte äußerst selten vor und war, wenn, dann durch Erdbeben oder Vulkanausbrüchen verursacht. 
 In unserem Buch „Vineta“16 wurde die Mündung des „Chalusos“ mit der heutigen Mündung der Recknitz in den Ribnitzer See und dann die Ostsee gleichgesetzt, eine Gleichung, die zuvor – bisher als Einziger – bereits Helge Bei der Wieden als Mündung des „Chalusos“ vorgeschlagen hatte17 Vom Ribnitzer See in die Ostsee zu gelangen ist noch heute kein einfaches Unterfangen. Für die Mündung eines "wasserreichen" Stromes ist dafür ganz einfach kein Platz. Wahrscheinlich ist, daß sich der Prerower Strom erst mit der Entstehung des Zingst herausbildete, als die anderen Seegatts nach und nach versandeten. Im 11. Jahrhundert dürften sich östlich des Darß nur Inseln und Sandbänke erstreckt haben - keine Einladung für eine Handelsschiffahrt.
Das bedeutet: Die drei Mündungen Chalusos, Suebos und Viadra/Viados des Ptolemaios bezeichnen nicht drei eigenständige Flüsse, sondern drei Mündungen der Oder, deren altes Delta gegenüber dem heutigen jedoch viel weiter nach Westen reichte. Von einem Delta kann man dann nicht mehr sprechen. Ein Delta schafft sich der Fluß selbst - die Oder hat im Mündungsgebiet aber weitestgehend vohandene eiszeitliche Rinnen genutzt.
Die Oder floss demnach schon damals in mehreren Armen in die Ostsee, von denen anscheinend nur der Peenestrom (die Viadra), mit einer heutigen Mündung übereinstimmt. Ganz sicher war der Peenestrom nie ein Mündungarm der Oder. Es wird kaum bestritten, daß bis 1304 eine mehr oder weniger geschlossene Landverbindung zwischen Usedom und Mönchgut bestand. Der westlichste Mündungsarm kann demzufolge nur der Strelasund gewesen sein. 

Der Peenestrom die Viadra? Somit der westlichste Ostseezufluß vor der Weichsel? Ich halte das für eine etwas plumpe Methode, die Dziwna (Dievenow) als Konkuttenz auszubooten... 

Ptolemaios beschreibt auch die Mündungen des Rheins in die Nordsee, wobei er aus dem römisch besetzten Rheinland eher wissen konnte, dass die verschiedenen Rhein-Mündungen, die eigene Namen tragen, Arme ein und desselben Flusses waren18. Wenn er das Hinterland bereist hätte. Was er am Rhein vermutlich tat, an der Oder nicht. Weshalb er auch keine Quellen angegeben hat (siehe weiter oben).
Zu den geographischen Angaben zur Lage von Flüssen, Quellen und Mündungen, und Landschaften hat Ptolemaios auch die Koordinaten wichtiger Handelsplätze der Römischen Kaiserzeit angegeben, in denen römische Händler an der Ostsee, also im „freien Germanien“, ihre Geschäfte abwickelten. Wenn es nun gelungen ist, die von Ptolemaios bezeichneten alten Odermündungen zu identifizieren, also Recknitz und Ribnitzer See, Strelasund und Peenestrom,  Nicht so schnell. Ob Ptolemäos alte Odermündungen beschrieben hat, ist doch noch völlig ungeklärt. Ebenso, ob die Recknitz auch nur ganz entfernt etwas mit der Oder zu tun hat.
dann ergeben sich zu Vorpommern weitere Erkenntnisse: zwischen Recknitz und Strelasund wohnten damals „Farodiner“, östlich angrenzend „Sidiner“.  Diese Vermutung würde auch noch stimmen, wenn der Chalusos, wie allgemein angenommen, die Warnow ist. Für die Lage von Vineta ist das außerdem unerheblich.
Außerdem werden die Koordinaten dreier großer Handelsplätze genannt: Laciburgium, Munitium und Rugium. Laciburgium (ist das derselbe Platz, der in der Jomswikinger-Saga wortgleich als „Seeburg“ erscheint?) lag danach in der Gegend von Barth, Munitium in der Gegend von Stralsund und Rugium westlich der Mündung des Peenestroms, vielleicht bei Wolgast, jedenfalls in der Nachbarschaft von Rügen. 
Auch hier bedarf es dringend einer neuen Interpretation des bisher vorliegenden archäologischen Fundgutes. Besonders im Barthebogen sind Funde aus der Römischen Kaiserzeit gut vertreten19. Wen interessiert die römische Kaiserzeit, wenn es um Vineta geht, was als solches kaum vor dem 10. Jahrhundert existiert hat?
nach oben Auf frühen Karten anderer Provenienz ist im westlichen Vorpommern mehrfach eine Stadt „Ludismagna“ eingetragen. Die älteste Quelle mit diesem Eintrag ist die Katalonische Weltkarte von 137520, in der Wismar, Rostock, Ludismagna und Greifswald eingezeichnet sind,  Das volkreiche Ludismagna ist zweifellos Stralsund, das nach den Kriegen mit Dänemark durch den Frieden von Stralsund 1371 überregionale Bedeutung bekommen hat. Das paßt zu der Erwähnung 1375. Mit Vineta hat das schon auf Grund der Nennung Greifswalds nichts zu tun. Die Karte stellt eine eindeutig deutsch besiedelte Landschaft dar.
es fehlen dort Lübeck und Stralsund, sodass der Autor hier offenbar auf Unterlagen zurückgreifen konnte, die in das frühe zwölfte Jahrhundert zurückreichten, in dem weder Lübeck noch Stralsund wieder „neu“ gegründet waren.  Also bitte! Das Nichtvorhandensein einer kartografischen Bezeichnung auf die Vorlage alter Quellen zurückzuführen, ist einfach hanebüchen. Warum ist dann die deutsche Gründung Greifswald von 1241 eingezeichnet, wenn der Kartenzeichner sich nach Karten aus der Zeit vor 1143 (Neugründung von Lübeck) orientierte? 
Dieses „Ludismagna“ erscheint dann noch auf jüngeren Karten im 16. Jahrhundert und ist in der Gegend von Barth eingezeichnet, zuletzt wird es fälschlich mit Stralsund gleichgesetzt. Mit Stralsund. Fälschlich. Kein Kommentar...
Eines scheint sicher: die Region Barth/Grimmen/Tribsees zwischen dem Strelasund, der Trebel/Recknitz und dem Ribnitzer See gelegen, ist in der Geschichte des 1. Jahrtausends über die Jahrtausendwende hinaus bis in das 12. Jahrhundert hinein als zentraler Handelsplatz außerordentlich bedeutend gewesen.  Goldmann beschreibt hier eine Region mit einer Nord-Süd-Ausdehnung (Barth - Grimmen) von 35 km als zentralen Handelsplatz. Dieser Ausdruck ist zumindest seltsam. Abgesehen davon, daß sich diese Annahme archäologisch nicht belegen läßt.
Es ist auch bezeichnend, dass wahrscheinlich sogar identische Orte in der Region in den verschiedenen Quellen – in Texten und Karten – unter sehr verschiedenen Namen erscheinen, ein Problem, das selbst wichtigste Quellen deutscher historischer Überlieferung, Adam von Bremen und Helmold von Bosau, wiederspiegeln. Dort heißt die „Wunderstadt“ Vineta: Jumne, Vinneta, Jumneta, Niniueta, Immuueta und Jumneca21. Da die Orte unterschiedlichen Namens nur wahrscheinlich identisch sind, ist es zumindest nicht unwahrscheinlich, daß es sich tatsächlich um verschiedene Orte handelt...
Die zuvor genannten Quellen: Adam, Helmold, dazu noch Herbord22, liefern eine Reihe von Informationen zur alten Geographie des Gebietes und der Lage seiner „Magnopolis“ Vineta, die alle eindeutig dem westlichen Vorpommern zuzuordnen sind und auch mit den Angaben der genannten antiken Quellen übereinstimmen.  Wenn ich mich recht entsinne, steht weiter oben, daß sich die Wissenschaft mit der Auslegung der antiken Quellen längst nicht einig ist. Also kann man auch nicht von einer Übereinstimmung reden.
Die später südlich an die alte Region der Weltstadt angrenzende Provinz Mecklenburgs ist als „Ducatus Megapolensis Pars“ ausgewiesen23. Woher stammt der Name „Mecklenburg“ der alten Urkunden? Kann der Name des Dorfes Mecklenburg im Kreis Wismar, das in slawischer Zeit sich über etwa 4,5 ha erstreckte, wirklich als namengebend angesehen werden24 ? Stehen diese wenigen Hektar für eine Weltstadt, die „Megalopolis“ und „Magnopolis“ der verschiedenen Quellen25 oder die „Große Stadt am Weltmeer“ des Ibrahim Ibn Jakub, die sogar im Krieg mit dem Polenherzog Miezko lag26? Doch wohl kaum! Haben hier die zuletzt siegreichen Sachsen unter Heinrich dem Löwen nach dem Untergang dieser Metropole vielleicht den stolzen Namen der Unterlegenen dem eigenen angefügt? Man mag das als Spekulation abweisen, ist es die Sache aber nicht wert, sie von allen Seiten unbefangen zu beleuchten? Dieser kurze Absatz enthält 5 Fragesätze. Der Sinn dieses kurzen Ausfluges nach Mecklenburg erschließt sich um so weniger, als vorher und nahher fast ausschließlich von Vorpommern gesprochen wird.
nach oben Die in verschiedenen Quellen des Mittelalters vorliegenden Beschreibungen der Region nordöstlich der Elbe schildern das Land als paradiesisch reich und fruchtbar, wenn sie sich auf das 10. Jahrhundert beziehen. Im Jahre 983 aber begann dort der Wendenaufstand, der zu einem etwa 200 Jahre dauernden Religionskrieg wurde und das gesamte westliche Ostseegebiet nach und nach zu einer Wüstenei machte. Ein "zweihundertjähriger Krieg" darf ruhiges Gewissens verneint werden. Keiner weiß, ob dem Aufstand von 983 - übrigens auch nur einem von vielen - überhaupt noch etwas folgte. Wir haben nicht einmal Nachrichten über damit zusammenhängende Kampfhandlungen oder Verwüstungen von 984 oder 985. 
Um 965 nennt Ibrahim Ibn Jakub noch als Augenzeuge zahlreiche Details über die damals „blühenden Landschaften“27. Um 1172, als das System längst zusammengebrochen war, schildert Helmold von Bosau jene vergangene Blütezeit im 10. Jahrhundert für deren westlichen Teil so: „Als aber durch Gottes Barmherzigkeit und des großen Otto Tapferkeit ein sicherer Friede überall herrschte, da begannen die Einöden des wagrischen und Schleswiger Landes bewohnt zu werden, und bald blieb kein Winkel übrig, der nicht mit Städten und Dörfern und meistens auch mit Klöstern geschmückt war..“28 und bewundert deren Wirtschaftskraft. Die Beschreibung Helmolds bezieht sich hier auf das Land Wagrien zwischen Kieler Förde und Lübeck. Unter Otto I. (dem Großen) Anfang des 10. Jahrhunderts wurde das Land erobert, aber bereits 983 gewonnen es die Wagrier wieder zurück. Östlich von Lübeck (Liubice) nahm die Geschichte einen ganz anderen Verlauf, und östlich der Recknitz einen noch anderen. Ein Vergleich ist hier nicht möglich.
1108 wird im Westen erneut zur Eroberung des Gebietes aufgerufen: „… Die Heiden sind schlimm, aber ihr Land ist sehr gut an Fleisch, Honig, Mehl ... und Vögeln und, wenn es bebaut wird, voller Reichtum der Ernten vom Lande, so dass ihm keines verglichen werden kann“.29 So beschreibt man ein Land, was man gern erobern möchte, wofür man aber noch das Volk und die Geldgeber überzeugen muß... Mit der Realität muß es nicht viel zu tun haben.
Im Jahre1121/22 war Vorpommern bis zur Region Barth/Grimmen/Tribsees in einem Winterfeldzug vom Polenherzog Boleslav III erobert und verwüstet worden30. 1124 und 1128 versuchte dann Bischof Otto von Bamberg die überlebenden Bewohner zum christlichen Glauben zu bekehren und setzte dort einen Bischof Adalbert ein.  Was soll uns das jetzt sagen? Daß dabei Vineta zerstört wurde?
Herbord, einer der Begleiter Ottos, beschrieb später dies Land: „...Das Land aber bietet den Einwohnern Fische und Wild in Ueberfluß und ist an Getreide, Hülsenfrüchten und Sämereien aller Art sehr reich; keins ist reicher an Honig, keins hat fettere Weiden und Wiesen31. Wein haben sie nicht, begehren aber auch keinen, vielmehr übertreffen ihre mit größter Sorgfalt aus Honig bereiteten Getränke und ihr Bier selbst den Falernerwein....“32. Siehe zwei Absätze weiter oben.
Noch in dem berühmten Atlas von de Jode aus dem Jahre 1578 wird offenbar auf solche frühen Quellen zurückgegriffen: „Diese Region ist überall fruchtbar, durch Flüsse bewässert, mit einer Fülle von Teichen, für Schiffe durchgängig, reich an Feldern, an Weiden, an Obstgärten, an Gehölzen, an Bächen, an Bergen, an Wildbret, an großem Zuchtvieh, an Fischen, an Butter, an Honig, an Wachs und anderen ähnlich nützlichen Dingen. Auch ist höchste Kultur in seiner Bürgerschaft ausgeprägt, seinen Städten, seinen Burgen und Dörfern und nichts in dieser Gegend ist öde und vernachlässigt, es sei denn, sie wird von Seen oder Bergen eingenommen. ...“33. Merken wir uns für weitere Theorien Goldmanns nur soviel: Das von Goldmann favorisierte Gebiet war also durchgehend vom 10. bis zum 16. Jahrhundert ein blühendes reiches Land. 
nach oben Wie Helmold von Bosau schildert auch Saxo Grammaticus etwa zum Jahre 1150 die vergleichbare katastrophale Situation als Folge dieses Krieges für Dänemark: „...alle Orte von Vendsyssel bis zur Eider waren leer und die Felder nicht bestellt – alles eine Folge des vorherrschenden Piratentums. Die östlichen und südlichen Teile von Seeland lagen unfruchtbar und aufgelassen, weil es keine Bauern mehr gab und die Piraten34 lebten hier, als sei es ihre Heimat“35. Danach schildert Saxo ähnliche Verhältnisse auf den anderen dänischen Inseln. Will man uns hier absichtlich verwirren? Eben war noch von blühenden Landschaften die Rede und nun von einer katastrophalen Situation? Zum Glück schreibt Goldmann zur Abwechslung jetzt wieder mal von Schleswig, Jütland und der dänischen Inseln. Inwiefern das Auswirkungen auf Vineta haben könnte, verschweigt er leider.
Die Vernichtung von Vineta – gleich, welcher Namen für diese Mega-Stadt und ihr Hinterland allgemein gebräuchlich war – steht offensichtlich in Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen der Westkirche (Rom) und der Ostkirche (Byzanz), die sich zur Zeit „Wenden-Aufstands“ im großen Schisma 1054 gegenseitig zu „Heiden“ erklärt hatten.  Vineta als Spielball zwischen Ost- und Westkirche? Schade, daß gerade hier keine Quelle angegeben wird. Meiner Meinung nach eine, gelinde gesagt, abwegige Theorie.

Zur Zeit des Wendenaufstanden? Was sind schon 70 Jahre...

Wenn 1147 sogar ein eigener Wenden- Kreuzzug, parallel zu dem gleichzeitigen ins „Heilige Land“, gegen diese mitteleuropäische „heidnische“ Region gerichtet wurde – der aber anscheinend wenig erfolgreich war36 –, so endete die große Auseinandersetzung schließlich nach fast 200 Jahren doch mit der völligen Unterwerfung des alten „Wendenlands“37. Dieses wurde danach durch die sog. deutsche Ostsiedlung erneut bevölkert und wieder zum Fruchtland gemacht38, wenn auch in geringerem Maße, als es zuvor gewesen war. Der Wendenkreuzzug erreichte über Havelberg und Röbel vermutlich Demmin. Dort kehrte man wieder um, weil die Demminer glaubhaft versichern konnten, bereits Christen zu sein. In die Nähe von Vineta - gleich, wo es gelegen hat - kamen die Kreuzzügler nicht.

Die Slawen mußten Wunder vollbringen gekonnt haben - wenn ein Mehrfaches von Siedlern aus dem Westen mit erwiesenermaßen weit höherer Produktivität nicht in der Lage war, das alte "Fruchtland" wieder aufzubauen.

Um 1172 waren nur noch die „Ruinen“ von Vineta sichtbar und die Stadt von der Landkarte verschwunden. Das neu gegründete Lübeck Heinrichs des Löwen übernahm Vinetas alte Vorherrschaft und wurde „Haupt des Wendischen Quartiers der Hanse“. Nach der Überlieferung verzog sich der Handel mit seinen Handelsherren nach Vinetas Untergang nach Julin (Wolin), nach Visby auf Gotland und nach Lübeck39. Ob Vineta in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts tatsächlich eine Vorherrschaft hatte, ist unklar. Wenn es eine solche aber abzugeben galt, dann kam nur eine naheliegende und gleich verkehrsgünstige in Frage. Folgen wir Goldmanns Logik, muß Vineta also in der Nähe von Wolin, Visby oder Lübeck gelegen haben... 
In jeder Hinsicht zu hinterfragen ist das Problem, weshalb historische Namen, wie der Ortsname „Vineta“und die anderer in dieser Region beheimateten Völker zunächst schon um 1200, in viel größerem Ausmaß aber im frühen 16. Jahrhundert, wohl im Zusammenhang mit der Gegenreformation in den Quellen weitgehend verschwunden sind. So ein großes Problem ist das nicht. Man lebte damals anders als heute. Was nicht mehr existierte, brauchte keinen Namen, ob es nun eine Stadt oder ein Volk war.
Wie 1947 durch Dekret der „teuflische“ Staat Preußen aufgelöst wurde, so geschah Ähnliches anscheinend schon zuvor in der Geschichtsschreibung: Die Namen der Stadt Vineta und der alten Ostseevölker Wandalen (=Wenden) und Suevi wurden in den schriftlichen Quellen zu dieser Region weitgehend getilgt und aus einem altbekannten Flußarm „Suebos“ machte man in den Karten eine „Spree“, die in die Ostsee mündet und danach plötzlich sogar als „Oder“ erscheint. Alle Könige Schwedens seit Gustav I. Wasa trugen den Titel "König der Schweden, Goten und Vandalen". Erst der jetzige König legte diesen Titel ab. Nichts mit Tilgung oder "teuflischer Auflösung"...
nach oben In der Zusammenfassung der Ergebnisse der Interpretation aller zuvor angeführten Argumente ist Vorpommern, besonders dessen westlicher Teil, für Jahrtausende das Tor der Alten Welt zu Skandinavien und dem gesamten Ostseeraum gewesen. Seltsam, daß von dieser jahrtausendealten Kultur nichts geblieben ist außer zwei oder drei Erwähnungen. 
Sein geographisches Zentrum lag, entsprechend der Vogelfluglinie, die westlich von Rügen über Seeland nach Norden führt, im Bereich der heutigen Stadt Barth. Vielleicht hilft eine Karte: Barth liegt mitnichten in irgendeinem Zentrum. Es liegt ganze 20 km von der vorpommerschen Westgrenze entfernt. Und von der Vogelfluglinie (Fehmarn) trennen es 100 km.
So kann es auch kein Zufall sein, wenn Vorpommern – nach archäologischen Befunden vielleicht sogar seit der Steinzeit! – im Brennpunkt politischer Interessen aus dem skandinavischen Raum lag. Die dänischen und die schwedischen Könige, wie die preußischen Herrscher, trugen bis in die Neuzeit auch den Titel „Rex Vandalorum“, was die uralte politische Interessenlage kennzeichnet.Vorpommern als Ganzes war bis 1815 Teil des schwedischen Königreichs und „Vineta“ offenbar vor der Hansezeit der zentrale Handelsplatz für den Austausch von Waren zwischen West- und Ost-Europa und darüber hinaus. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob man seit der Steinzeit oder in der Steinzeit sagt...

 

 

Es ist nicht nachzuvollziehen, wie man Vineta mit 1815 vergleichen kann... Außerdem besteht der Zusammenhang von Vorpommern mit Schweden erst seit 1630.

Der Fluss „Barthe“, der ursprünglich wohl Prerow40 hieß und bis 1872 über den Prerow-Strom in die Ostsee mündete, umschloss als „natürliche“ Verteidigungslinie das antike Handelszentrum. Die heutige Stadt Barth ist ohne Zweifel die „Vineta-Stadt Barth“. Wie ein schmales Flüßchen, das jedenWinter zufror eine "natürliche Verteidigungslinie" sein sollm weiß wohl auch nur der Verfasser...

Der letzte Satz ist einer der wenigen, an denen sich nicht rütteln läßt. Immerhin hat man sich den Namen schützen lassen...

  Klaus Goldmann

12.03.2002

Peter Seifert

26.2.2007

Ergänzungen und Berichtigungen behalte ich mir vor.
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Quellenverweise des Goldmann-Textes:

1 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, Berlin 1989, S. 1464

2 wie Anm. 1

3 Die Lehrmeinung seit etwa 1930 meint Vineta mit Wollin auf der Insel Wollin gleichsetzen zu können.

4 G. Jacob: Arabische Berichte von Gesandten an germanische Fürstenhöfe aus dem 9. und 10. Jahrhundert,

Berlin/Leipzig 1927, S. 6ff. (Ibrahim Ibn Jakub)

5 Insbesondere Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen, Helmold von Bosau und Herbord: Sie bilden die Grundlage aller frühen Geschichtsschreibung für das nördliche Mitteleuropa, auf der der Wissenschaftszweig der Mediavistik beruht, und werden dennoch gern als verderbt angesehen, weil zahlreiche Feststellungen darin den Ergebnissen heutiger Geschichtsforschung nicht zu entsprechen scheinen. So werden z.B. Teile der leider niemals im Original erhaltenen Handschriften gern als fehlerhafte Interpretationen der Quellen der alten Autoren bezeichnet, als „volksetymologische Gleichsetzungen“, wenn diese Autoren etwa Winiler, Wandalen und Sueven als direkte Vorfahren der „Slawen“ bezeichnen, womit man sich aber jeder echten Quellenkritik entzieht. Ein Beispiel dieser Art von „Geschichtsverschreibung“ ist der Aufsatz von Herwig Wolfram: „Reichsbildungen, Kirchengründungen und das Entstehen neuer Völker“ im Katalog zur Ausstellung „Europas Mitte um 1000“ , S. 342 – 353.

6 „Die Geschichte von den Orkaden, Dänemark und der Jomsburg.“ In: Thule, Altnordische Dichtung und Prosa, Reihe 2, Bd. 19, Düsseldorf, Köln 1966, S. 223 ff.

7 Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der Hamburgischen Kirche und des Reiches: Rimbert Leben Ansgars; Adam von Bremen, Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche; Wipo Taten Kaiser Konrads II. Hermann von Reichenau Chronik. Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters; Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe. Bd. XI, Darmstadt 1978, S. 260 ff.

8 Helmold von Bosau: Slawenchronik. Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters; Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe. Band XIX. 4. Auflage, Darmstadt 1983. S. 40f.

9 K. Goldmann: Zu Landschaftsveränderungen im südlichen Ostseegebiet vom 10. bis 13. Jahrhundert. In: Gerken, B. & M. Görner (Eds. 2001): Neue Modelle zu Maßnahmen der Landschaftsentwicklung mit großen Pflanzenfressern – Praktische Erfahrungen bei der Umsetzung. Natur- und Kulturlandschaft 4, Höxter/Jena 2001, S. 66 – 73.

10 K.Goldmann: Flusswege und ihre Vernetzung in Alteuropa. In: „Schutz des Kulturerbes unter Wasser – Veränderungen europäischer Lebenskultur durch Fluss- und Seehandel“ (= Beiträge zum Internationalen Kongress für Unterwasserarchäologie (IKUWA´99) in Saßnitz auf Rügen; = Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns, Band 35, 2001), S. 61 – 69.

11 K. Goldmann: Märkischer Weizen für Byzanz - zum Reisebericht Ibrahim Ibn Jakubs von 965/66. In: Ausgrabungen in Berlin 6, Berlin 1982, S. 197-210

12 Griechische und Lateinische Quellen zur Frühgeschichte Mitteleuropas bis zur Mitte des 1. Jahrtausends u.Z., Hrg. von Joachim Herrmann, Teil III: Von Tacitus bis Ausonius (2. bis 4. Jh. u. Z.), Berlin 1991. Text zumKapitel 59. Klaudios Ptolemaios: S. 211 bis 239; Kommentar dazu: S. 553 bis 589.

13 Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Berlin-New York: Stichwort Chalusos, S.366 ff. Dort Zitat Gutenbrunner.

14 Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Berlin-New York: Stichwort Guthalus, S. 229.

15 Georges, Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch

16 K. Goldmann / G. Wermusch: Vineta, Die Wiederentdeckung einer versunkenen Stadt. Bergisch-Gladbach 1999. S. 140 f.

17 H. Bei der Wieden, Živa Antika 16, 1966, 255-258

18 wie Anm. 13: S. 211 – 213 und Kommentar S. 557

19 Leube, A.: Germanische Stämme und Kulturen des 1. und 2. Jh. In: Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig-Jena-Berlin, 1989, Bd.1, S. 156 – 165

20 W. Scharfe: Wie haben uns die anderen gesehen? In: Berlin-Brandenburg im Kartenbild, Ausstellungskatalog Staatsbibliothek zu Berlin, Berlin 2000, S. 13 ff.

21 wie Anm. 9, S. 38

22 „Herbord´s Leben des Bischofs Otto von Bamberg“. In: Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, XII. Jahrhundert, Bd. 6, Berlin 1869.

23 wie Anm. 18: Taf. 7 nach S. 144 („Lubinsche Karte“)

24 Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig/Jena/Berlin 1989, Bd. 2, S. 577 f. (Stichwort: Dorf Mecklenburg, P. Donat)

25 Sebastian Münster, Cosmographiae Universalis, Basileae 1572, S. 910 ff.

26 wie Anm. 5

27 wie Anm. 5, siehe auch Anm. 12

28 Helmold von Bosau (Anm. 9): Buch I, Kap. 12 „Von Bischof Marko“. Zitiert n. CD-ROM „Quellensammlung zur mittelalterlichen Geschichte“, Berlin

29 Urkunden und erzählende Quellen zur deutschen Ostsiedlung im Mittelalter, Darmstadt 1984, S. 103

30 wie Anm. 18: passim

31 "Honig": vergl. die Gleichsetzung „Jumne“ mit „Immenau“ in Goldmann/Wermusch: Vineta (Anm. 18). Die fetten Weiden und Wiesen können auch kein Sumpfland sein, ebenso wenig Sanddünen. Also: Marschenland? K.Goldmann

32 wie Anm. 25: Herbord Buch II, Kap. 1(Von der Lage und von den Sitten der Einwohner.)

33 Jode, Gerhard de, Speculus orbis terrarum. Atlas. Antwerpen 1578, Stichwort zur Karte „Pommern“

34 als Piraten bezeichnen die Dänen hier ihre Gegner, die Wenden. K.Goldmann

35 zitiert nach: Flemming Rieck: Aspects of coastal defence in Denmark. In: Aspects of Maritime Scandinavia AD 200-1200, Roskilde 1991, S. 83 ff.

36 Helmold, wie Anm.9: Kap. 62 ff. , vergl. Goldmann/Wermusch (Anm. 18)

37 K. Goldmann: The Wends or Vandals in the Early Middle Ages. In: Katalog zur Ausstellung: „ The true story of the Vandals“ im Museum Vandalorum, Värnamo, Schweden. Värnamo 2001, S. 105 – 120

38 wie Anm. 10

39 Goldmann/Wermusch, Anm. 18

40 wie Anm. 36: „Flumina insigniora ab occasu in ortum sunt Reconicius, Prenous, Trebelous, Panis, Verius, Randous, Odera seu Viadrus, ...“